Für eine Physiotherapeutin durfte ich ein Küchen-Ensemble mit Geschichte aufbereiten. In neuem Look sollte es seinen Platz im Wartezimmer der umgestalteten Praxis finden. Eine mehrtägige Auftragsarbeit vor Ort in Hessen, die mir viel Freude bereitet hat.
Die Vintage-Möbel aus Familienbesitz lagen meiner Kundin sehr am Herzen, trennen konnte sie sich trotz Platzmangel in der eigenen Wohnung nicht. Als Stauraumwunder fristeten sie so über 30 Jahre im Keller ein Schattendasein.
Die Anschaffung fällt in die Wirtschaftswunderzeit der BRD in den 1950ern. Als mit dem Aufschwung das Geld für die Kücheneinrichtung reicht, ist diese ohne Zweifel der Hit: Das Küchenbüffet mit seinen zwei Anbauschränken, Kommode und Tisch vereint Stauraum, Arbeitsplatz und Ordnungssystem.
Schon angehaucht vom Design der Sechziger hat es noch traditionelle Glasschütten für Zucker & Co, ein Brotfach und klassische Emaille-Schüsseln mit blauem Rand für den Untertisch mit Waschtischfunktion. In der Nachkriegszeit wurden diese Tische genutzt zum Geschirrspülen, Gemüseputzen oder auch für die Körperwäsche.
Wunderbarerweise ist alles erhalten – als Ensemble heute eine Rarität!
Statt neue Möbel für die Neugestaltung ihrer Praxis zu kaufen, beschloss meine Kundin, auf Nachhaltigkeit zu setzen und das Geld in die Hand zu nehmen, die alten Schätze endlich aufmöbeln zu lassen!
Am Anfang stand eine Beratung mit „In-Augenscheinnahme“ zur Frage, ob sich ein Upcycling lohnt. Stockflecken, Risse und Dellen – die Zeit hatte den Möbeln ordentlich zugesetzt.
Nachdem – ich nenne es „das Potential“ – ihrer Möbel erkannt war, kam die Entscheidung für das Farbkonzept. Meine Kundin mag Kontraste, mag kräftige Wandfarben wie türkis, kirschrot oder gelb – daher sollte es sich für die Möbel der dezente und frische Farbton „Vanille mit Ingwer“ sein.
Dann ging es ans Werk. Etliche Dellen und Risse kamen nach der gründlichen Säuberung erst so richtig zum Vorschein. Vor dem Streichen stand deshalb zunächst das intensive Bearbeiten der Stockflecke an. Zudem mussten sehr viele kleine Schäden und Macken ausgebessert werden. Ich lege Wert darauf, nicht jeden Kratzer optisch zu beheben: Ein altes Möbel ist und bleibt ein altes Möbel, und kleine „Andenken“ aus seinem früheren Leben machen auch seinen Charme aus. Doch natürlich soll das ganze am Ende wieder eine Augenfreude sein.
Die Küchenmöbel erhielten dann einen Anstrich mit einer hochwertigen ökologischen Kreidefarbe, wurden sorgsam versiegelt und schließlich liebevoll gewachst.
Beim Abmontieren der teils angerosteten Beschläge stellte sich heraus, dass die Griffe beschädigt waren. Zunächst schien es, dass sie ersetzt werden müssen. Die alte schlichte Griff-Form gefiel meiner Kundin allerdings sehr – am Ende fanden wir eine Lösung zu ihrem Erhalt.
Doch erst einmal waren die oxidierten Griffe, Schlüssel und Kettchen wieder aufzufrischen. Hartnäckige Rostreste und Beläge wurden entfernt, nach einer abschließenden Politur sind nun auch sie wieder wie neu.
Die Möbel meiner Kundin bilden nun ein frisches, stylisches Vintage-Küchen-Ensemble. Einfach ein Schmuckstück!
In Kürze schmücken sie das renovierte Wartezimmer. Dort schaffen sie dann Atmosphäre. Und werden sicher ein Aufhänger für das eine oder andere spannende Gespräch zwischen Alt und Jung.
Allerdings: „Sie gefallen mir jetzt so gut, dass ich damit liebäugele, sie vielleicht sogar zu mir zu nehmen, wenn ich mal meine Küche neu mache“, sagt die Physio-Therapeutin.